SARS-CoV-2 Factsheet
Epidemiologie, Pathologie und Möglichkeiten der Labordiagnostik:
Lesen Sie die wichtigsten Fakten über SARS-CoV-2 im Überblick.
Aktuelle Informationen
Prozentualer Anteil der Omikron- und Delta-Varianten von positiv auf SARS-CoV2-Getesteten im süddeutschen Einzugsgebiet
Das Corona Balkendiagramm und seine Entstehungsgeschichte
Dr. Siegfried Burggraf, Leiter der Abteilung Molekularbiologie am Labor Becker, erklärt: „Im Laufe der SARS-CoV-2 Pandemie haben die Viren eine zunehmende Anzahl von Mutationen in ihrer Erbinformation angehäuft. Bestimmte Veränderungen können sich auf die Eigenschaften des Virus wie z.B. Übertragbarkeit, Virulenz oder Immunogenität auswirken.“
Bereits Mitte Dezember 2020 wurde aus dem Vereinigten Königreich von einer zunehmenden Verbreitung einer Variante berichtet, der Linie B.1.1.7 (Alpha). Weiterhin wurde erstmals über das Auftreten der SARS-CoV-2 Variante B.1.351 (Beta) in Südafrika berichtet, welche genau wie die Variante B.1.1.7 mehrere Mutationen im Gen für das Spikeprotein aufweist. Zum selben Zeitpunkt zirkulierte im brasilianischen Staat Amazonas die Variante B.1.1.28 (Gamma). „Bei allen Varianten wurde eine erhöhte Übertragbarkeit beobachtet und eine erhöhte fallbezogene Sterblichkeit diskutiert,“ so Dr. Burggraf.
Der Unterschied der Varianten liegt im Spektrum der verschiedenen Mutationen. Eine Mutation (A23036T) wird jedoch bei allen drei Varianten gefunden. Detektiert werden diese Varianten durch die Sequenzierung des viralen Genoms.
Im Vereinigten Königreich wurden diese Sequenzierungen bereits zu Beginn der Pandemie in großem Umfang durchgeführt. Auch in Deutschland stieg die Zahl der sequenzierten Proben.
„Die Sequenzierung des viralen Genoms ist eine aufwändige, zeitintensive Prozedur. Meist liegen die Ergebnisse erst nach ca. 2 Wochen vor. Die Sequenzierung ist jedoch essentiell, wenn es darum geht bisher unbekannte Varianten zu finden,“ so Dr. Burggraf. „Für die Diagnostik, also um zu detektieren, welche bereits bekannte Variante bei einem Patienten vorliegt, ist eine Sequenzierung aufgrund der langen Dauer bis zur Ergebnismitteilung eher ungeeignet.“
Aus diesem Grund haben wir uns bereits im Dezember 2020 dazu entschieden, bekannte Varianten durch ein variantenspezifisches PCR-Verfahren zu detektieren. Der erste im Labor Becker etablierte Test erfasste die Mutation A23036T (N501Y). Bei einem negativen Nachweis von N501Y konnte eine Infektion mit einem der drei Stämme B.1.1.7, B.1.351 oder B.1.1.28 P.1 ausgeschlossen werden. Das Ergebnis konnte innerhalb eines Tages erlangt werden.
Dr. Burggraf erklärt: „Ende Dezember 2020 wurde im Labor Becker dieser Test aus rein epidemiologischen Gründen durchgeführt. Somit konnten wir beobachten, dass sich der Anteil der positiven Proben mit der N501Y-Mutation schnell erhöhte.“
Zeitnah wurden die Variantenteste angepasst, so dass auch bald typgenau die Varianten (Alpha, Beta oder Gamma) ermittelt wurden.
„Innerhalb kürzester Zeit war Alpha der dominierende Virustyp. Mitte 2021 wurde Alpha von Delta ersetzt, eine Variante, die zuerst in Indien eine große Infektionswelle verursacht hatte. Im November 2021 tauchte dann die Variante Omikron auf. Anfang Januar 2022 war schon die Hälfte unserer positiven Proben der Variante Omikron zuzuordnen. Ende Januar 2022 wurde ausschließlich Omikron detektiert,“ erklärt Dr. Burggraf den Verlauf.
Inzwischen sind verschiedene Subtypen von Omikron aufgetreten. Der Omikron-Subtyps BA.1 verursachte die erste Infektionswelle 2022, danach kam der Subtyps BA.2. Ende Juli 2022 lag der Anteil des Omikron-Subtyps BA.5 bei 82% gegenüber anderen Omikron-Subtypen.
„Im Verlauf sieht man, wie schnell sich neue Mutationen durchsetzen und ältere verschwinden. Die Virusentwicklung kann quasi in Echtzeit beobachtet werden,“ ergänzt Dr. Burggraf.
Es bleibt spannend zu sehen, wie die weitere Entwicklung des Virus voranschreitet. Labor Becker wird Sie auch weiterhin informieren.
45 Jahre
Erkrankungsalter Median
1 - 14 Tage
Inkubationszeit
im Mittel 5 - 6 Tage
55% - 85%
Manifestationsindex
10,5%
In Abhängigkeit von Teststrategie und Meldungen
2 - 3,3
Basisreproduktionszahl R0 ohne Maßnahmen
Falldefinition gemäß RKI 27
- klinisches Bild
- labordiagnostischer Nachweis
- epidemiologische Bestätigung
Klinisches Bild
- spezifisches klinisches Bild eines COVID-19: Pneumonie
- unspezifisches klinisches Bild eines COVID-19: definiert als eines der beiden folgenden Kriterien: akute respiratorische Symptome jeder Schwere, krankheitsbedingter Tod
- Es besteht Meldepflicht gemäß §6 und §7 des Infektionsschutzgesetzes
Pathogenese und Klinik 28 29 30 31 32 33
- sehr variable Verläufe von asymptomatischen bis zu schweren Pneumonien mit Lungenversagen
- initiale Replikation des Virus in den Atemwegen
- teils überschießende Immunantwort durch Freisetzung von Zytokinen (Zytokinsturm)
- Luftnot als mögliches Zeichen eines beginnenden schweren Verlaufes
Weitere mögliche Organbeteiligung

Spezielle Patientengruppen
Risikogruppen für schwere Verläufe 14 37 38 39 40 41
- im Regelfall milde Verläufe: > 80%
- Patienten mit chronischen kardiovaskulären Vorerkrankungen (z.B. KHK, Bluthochdruck) bzw. schwerer Herzinsuffizienz
- Patienten mit Diabetes mellitus
- Raucher (geringe Evidenz)
- Patienten mit chronischen Lungen- (z.B. COPD), Nieren- und Lebererkrankungen
- Patienten mit einer aktiven onkologischen Erkrankung
- Patienten unter therapeutischer Immunsuppression
- Patienten mit starker Adipositas sowie Patienten mit schlechtem Ernährungszustand
Koagulopathie bei COVID-19-Erkrankten 58 59
- Erhöhtes Thromboserisiko bei ambulanten und stationären COVID-19-Patienten: D-Dimere bestimmen
- D-Dimere signifikant erhöht (>1500-2000 ng/ml): Thromboseprophylaxe
- Bei gesicherter COVID-19-Erkrankung sollte auch im ambulanten Bereich die Indikation zur medikamentösen Thromboseprophylaxe fortlaufend geprüft und großzügig gestellt werden
- Alle hospitalisierten COVID-19-Patienten sollten hämostaseologisch überwacht werden und eine medikamentöse Thromboseprophylaxe erhalten. Bei Vorliegen von Risikofaktoren/erhöhten D-Dimeren ggf. in intensivierter Dosis (stets Anpassung bei Niereninsuffizienz)
Möglichkeiten der Labordiagnostik
Nachweis einer akuten Infektion:
Methode der Wahl: direkter Virusnachweis aus einem naso- oder oropharyngealen Abstrich oder aus respiratorischem Material.
Eine Anleitung zur Durchführung des Abstrichs finden Sie hier.
Häufigstes Verfahren zum Erregernachweis ist die sogenannte Real Time PCR (RT-PCR). PCR steht für Polymerase Chain Reaction bzw. Polymerasekettenreaktion.
Die PCR ist der Goldstandard für die Akutdiagnostik.
Falsch negative Ergebnisse sind möglich bei
-
mangelnder Qualität der Probe bzw. des Abstrichs.
-
Fehler bei Transport oder Lagerung.
-
Spätphase der Erkrankung, da die größte Viruslast dann meist nicht mehr im Rachenbereich, sondern in den tieferen Atemwegen vorzufinden ist.
Mehr über falsch negative Ergebnisse finden Sie in unserem FAQ zum Thema Labordiagnostik. Ob der Antigen-Nachweis aus respiratorischen Sekreten in Zukunft eine Rolle spielen wird, ist momentan Gegenstand der Forschung.
Nachweis einer abgelaufenen Infektion:
Methode der Wahl: serologischer Nachweis von Antikörpern (AK), die gegen das Virus bzw. gegen Virusbestandteile gebildet wurden. Der Antikörper-Test ist nicht für die Akutdiagnostik geeignet!
Nachweisbarkeit
Verfügbare Testsysteme
ELISA
Enzyme-Linked Immunosorbent Assay
(E)CLIA
(Elektro-)Chemilumineszenz Immunoassay
Virus-Neutralisationstest
nur in Speziallaboren
IFT
indirekte Immunfluoreszenz (nicht kommerziell)
Schnelltests
Lateral Flow Immunoassays, chromatografische Immunoassays (aktuell unzureichende Beurteilbarkeit der Leistungsfähigkeit)
Eine Übersicht der verschiedenen Testverfahren finden Sie hier.
Was sagt der Ct-Wert aus?
Von den Laboren wird häufig gefordert, dass zu einem positiven Corona PCR-Test auch der Ct-Wert (= Cp-Wert) mitgeteilt wird. Aus diesem Ct-Wert sollen Rückschlüsse über die Infektiosität gezogen werden, um u.a. über Quarantäne-Maßnahmen zu entscheiden.
Der Ct-Wert, der bei vielen PCR-Geräten angegeben wird, ist die Anzahl der durchgeführten Zyklen, nach denen während der PCR ein positives Signal detektiert wird. Je später das positive Signal detektiert wird (d.h. je höher der Ct-Wert), umso weniger Virus-RNA war in der Probe enthalten.
Bei dem von uns eingesetzten PCR-Test zum Nachweis der SARS-CoV-2-RNA aus Abstrichtupfern und Proben des unteren Respirationstraktes handelt es sich um einen rein qualitativen Test. Einige Probleme, die in folgendem Text ausführlich erläutert sind, erlauben es uns nicht, quantitative Angaben, die den Richtlinien und unserem Qualitätsanspruch genügen, weiterzugeben.
Aus den gleichen Gründen ist auch eine reine Weitergabe der Ct-Werte von uns nicht zu vertreten, da ohne Vergleichsdaten und Kenntnis des Stadiums der Infektion der reine Ct-Wert in vielen Fällen keinerlei Aussagekraft besitzt. Es besteht die Gefahr, dass Patienten aus der Isolierung entlassen werden, die noch ansteckungsfähig sein könnten.
Mit Stand vom 14.01.2022 benennt das RKI eine Viruslast von < 10⁶ pro Milliliter Untersuchungsmaterial als mögliches zusätzliches Entlasskriterium aus der Isolierung nach schwerer Infektion (mit Sauerstoffpflichtigkeit) und für besondere Personengruppen (siehe "COVID-19: Entisolierung von Patient/-innen im stationären Bereich sowie Bewohner/-innen in Alten- und Pflegeheimen").
Wir haben daher einen PCR-Test zur Abschätzung der Viruslast (gemessen gegen eine Referenz) etabliert. Damit sind die laborinternen Einflüsse (Aufbereitung und Extraktion der Nukleinsäure, Geräte- und testchargenabhängige Faktoren) kontrolliert. Eine gezielte Anforderung ist notwendig.
Um den Quarantäne Empfehlungen des RKI (siehe "Quarantäne- und Isolierungsdauern bei SARS-CoV-2-Expositionen und -Infektionen; entsprechend Beschluss der Ministerkonferenz vom 7. und 24. Januar 2022") zu entsprechen, geben wir auch bei unserem qualitativen Test an, ob der Ct-Wert über der Referenzgröße 30 liegt oder darunter.
Bitte beachten Sie, dass es sich um dynamisches Wissen handelt. Die angegebenen Informationen entsprechen dem aktuellen Stand des Wissens und werden regelmäßig überprüft und aktualisiert, bzw. den neuesten Ergebnissen angepasst. Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit!
Labor Becker News
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